Dieses Jahr waren wir in Slowenien, ein kleines, aber feines Land, das vor allem in der Gebirgsregion noch unmittelbare Natur zu bieten hat. Wir erkundeten das Socatal, welches ganz im Nordwesten von Slowenien liegt. Dieser Fluss darf sein. Dieser Fluss mit seinem hellblau-türkisen Wasser, gesättigt mit verschiedenen Kalkmineralien, darf hoch anschwellen, sein Flussbett verändern, Steine transportieren oder ablegen.
Dieser Fluss hat im Oberlauf ein breites Bett zur Verfügung, das Wildheit und Ursprünglichkeit atmet und an den Ufern siedeln Weiden, Pestwurz, Glockenblumen, Nelken, die zwar wissen, dass der Fluss sie wieder mitnehmen kann, die aber die Gunst der Stunde nutzen, um im vollen Sonnenlicht gedeihen zu können.
Weiter flussabwärts werden die Wassermassen wilder, da graben sie sich tief in die Felsen ein und tosen zu Tal. Bevor der Fluss breiter und gemächlicher wird, passiert er den Ort „Kanal“. Dort hat er eine schmale, tiefe Schlucht zwischen die Kalkfelsen gegraben oder besser ausgespült. Hier springen Turmspringer von der Brücke, um mit Saltos und Schrauben in die blauen Socafluten einzutauchen. Ich habe den Verdacht, dass hier die kommenden olympischen slowenischen Turmspringer ausgebildet werden, da ich einige Kinder und Jugendliche sehen konnte, die sich in Köpfler und anderen Sprünge übten unter den wachsamen Augen eines Trainers.
Doch ich nehme euch wieder zurück an den Oberlauf der Soca. Aus dem karstigen Gebirge wird sie von vielen Flüssen gespeist, die sich aus großen Höhlen in die Landschaft ergießen oder aprupt aus dem Gestein springen und als Wasserfall zutage treten. Ein Tag unseres Urlaubs war den Wasserfällen gewidmet. Auf dem Weg zu einem weiter oben in den Bergen durchwanderten wir einen Birkenwald, in dem viele, kleine, dunkelrosa Alpenveilchen wuchsen. Ein wunderbarer Anlick in dieser Kombination: weiße Birkenstämme, dunkles Moos und strahlendes Rosa der Alpenveilchen. Ich konnte mich gar nicht satt daran sehen! Da waren viele glückliche Naturwesen zugange, die sich auch über die Bewunderung der Menschen freuten!
Unser Ziel, der Wasserfall (den Namen habe ich mir nicht gemerkt…) war von vielen Menschen umvölkert, die sich entweder einen schönen Platz zum Ausruhen suchten oder die über die großen Blocksteine kletterten, teils aus Freude an der Bewegung und teils um die beste Pose für ein Selfie zu finden. Ich suchte mir einen gemütlichen Platz mit ungehinderten Blick auf die fallenden Wassermassen.
Je länger ich da saß und nur schaute, desto mehr verschwanden die Menschen um mich herum und ich tauchte ein in die Wesenhaftigkeit der Felsen, des Wasserfalls, der Pflanzen. Mein Inneres wurde ruhig und ich begann mit meiner Wahrnehmung zu spielen. Ich versuchte zum Beispiel mit meinen Augen ganz schnell dem Wasserfall zu folgen, so dass ich einzelne Tropfen sehen konnte. Dann tauchte ich weiter in das Innere der Felsen ein, die das Wasser freigaben. Da war Mutter Erde, die sich an diesem Ort öffnete und freigiebig und unerschöpflich klares Wasser aus sich heraus fließen ließ. Unerschöpflich das beste, gereinigte, mit allen Mineralien des Erdinneren gesättigte Wasser über Felsen springen ließ, so dass es auch noch mit viel Sauerstoff angereichert wurde. Wir Menschen brauchen es nur holen, wir brauchen es nur in uns aufnehmen, von diesem Wasser wird sowohl der Körper als auch die Seele gereinigt und gestärkt. Mutter Erde ist so fürsorglich und freigiebig. Während ich so da saß, erfüllte mich eine tiefe Dankbarkeit und langsam nahm ich wieder die Menschen um mich herum wahr. Ich weiß nicht genau, wie lange ich in in der anderen Welt versunken war, aber ich nahm eine tiefe Zufriedenheit und Dankbarkeit mit.